Gemessen am Nettovermögen von 13,2 Billionen Euro seiner 84 Millionen Einwohner ist Deutschland ein reiches Land: Im Schnitt besitzt jeder Haushalt 316.500 Euro. 9,2 Billionen Euro davon sind in Grund- und Immobilienbesitz gebunden – und die sind durch Zwangssanierungen à la „Heizhammer“, Agrarflächenstillegungen, einem „Lastenausgleich“ oder neuen Steuern für Klima, Zeitenwende & Co. gefährdet. Denn die öffentliche Hand ist mit 2,5 Billionen Euro verschuldet – die Privathaushalte bislang nur mit 1,3 Billionen Euro.
Sechs Prozent der Haushalte haben kein Vermögen oder nur Schulden. Der Median der Vermögensverteilung, also der Wert, der die reichsten 50 Prozent der Bevölkerung von der ärmeren Hälfte trennt, lag bei nur 106.600 Euro. Denn zehn Prozent der Haushalte verfügen über 56 Prozent des Gesamtvermögens. Reichste Deutsche sind Klaus-Michael Kühne (39,2 Milliarden Dollar/Logistik), Dieter Schwarz (38 Milliarden/Lidl, Kaufland) und Reinhold Würth (33,6 Milliarden/Schrauben).
Das reicht nicht für die globale Top-30-Liste, die von Bernard Arnault (233 Milliarden/Mode, Kosmetik), Elon Musk (195 Milliarden/Tesla, SpaceX) und Jeff Bezos (194 Milliarden/Amazon) angeführt wird. Die Dollar-Zahlen stammen von Forbes, die Euro-Angaben aus dem „Sozialbericht 2024“. Dessen Zusammenspiel aus statistischen Daten und „sozialwissenschaftlicher Analyse“ sei der „Kern eines umfassenden Werkes, das gesellschaftliche Trends und Entwicklungen auf einzigartige Weise aufzeigt“, lobt Thomas Krüger (SPD), Chef der Bundeszentrale für politische Bildung, das 442seitige Werk, das das Statistische Bundesamt, das Wissenschaftszentrum Berlin und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) erarbeitet haben.
Acht Seiten für „Queere“ im Sozialbericht
Der seit 1983 erscheinende Bericht interpretiert die Zahlen im Zeitgeist: So gibt es Behauptungen über „die immer drastischeren Auswirkungen des von Menschen verursachten Klimawandels“. Selbst den Lebenswelten „queerer“ Menschen sind acht Seiten gewidmet. Auch die West-Ost-Kluft ist weiter ein Thema: Der Vermögensmittelwert liegt im Westen bei 360.000 Euro pro Haushalt und der Median bei 128.000 Euro – im Osten sind es nur 151.000 bzw. 43.000 Euro. Das entspricht knapp dem Vermögensmittelwert von Estland und liegt noch unter dem Median von Litauen.
Die Deutung dieser Fakten ist allerdings gewagt: Von 1991 bis 2023 waren im Westen durchschnittlich 69 Prozent der Bürger mit dem „demokratischen System“ zufrieden, im Osten nur 45 Prozent. Im EU-Vergleich würden die Ex-DDRler zu den Unzufriedensten in der EU gehören: „Lediglich in Bulgarien, Griechenland und der Slowakei war die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie Anfang 2023 noch geringer verbreitet.“ Möglicherweise zeige sich, daß jene, die noch im „staatssozialistischen System der DDR sozialisiert wurden, unrealistischere Vorstellungen von und Erwartungen an die Demokratie haben als die jüngeren Generationen“, heißt es im Sozialbericht.
Vielleicht liegt es auch daran, daß es im Osten weniger Aktien- und Fondsvermögen gibt und die dortigen Haushalte mit 38.238 Euro nur 85 Prozent des Jahresnettoeinkommens im Westen (45.217 Euro) haben. Immerhin wird verschwurbelt angedeutet, daß der nach 2014 „sowohl in West- als auch in Ostdeutschland“ registrierte „Abfall der Demokratiezufriedenheit“ vermutlich „auf die hohe Zahl von in Deutschland ankommenden Geflüchteten zurückzuführen“ sei. Daß die „Demokratiezufriedenheit“ mit 87 Prozent bei den Grünen-Wählern im Westen am höchsten und mit neun Prozent bei den AfD-Wählern im Osten am niedrigsten ist, zeigt wohl eher, was mit „Demokratiezufriedenheit“ gemeint ist.
Niedrige Erwerbsbeteiligung von speziellen Zuwanderergruppen
Auch bei der „sozialen Polarisierung in den deutschen Städten“ muß man zwischen den Zeilen lesen: So ist der Zusammenhang zwischen Hartz-IV-Quote und Ausländeranteil auf Stadtteilebene im Osten zwischen 2013 und 2021 von 0,41 auf 0,72 gestiegen – im Ruhrgebiet nur von 0,87 auf 0,93. Dies stehe wohl „im Zusammenhang mit der Zuwanderung ärmerer Menschen aus anderen Ländern, oft mit Fluchthintergrund“. Sprich: Die Grenzöffnung 2015 und die Millionenzuwanderung hat den Osten dramatischer verändert als den längst gekippten Ruhrpott. Daß ein Viertel (21 Millionen) der Bevölkerung eine „Einwanderungsgeschichte“ hat und vier Millionen einen ausländischen Elternteil heißt, daß es nur noch knapp 59 Millionen „Biodeutsche“ gibt.
Von 14,4 Millionen Kindern unter 18 Jahren haben 4,1 Millionen eine Einwanderungsgeschichte, was 28,2 Prozent entspricht. Das ist bislang vor allem ein Problem westdeutscher Großstädte. Dramatisch ist hingegen für ein Industrieland, daß von der „Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte“ 42 Prozent keinen „berufsqualifizierenden Abschluß“ hat – bei den Migranten aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten sind es sogar 51 bzw. 48 Prozent. Bei den „Biodeutschen“ und die „Binationalen“ sind es zwölf bzw. 16 Prozent.
Andererseits haben Migranten aus Amerika und dem „sonstigen Asien“ zu 54 bzw. 40 Prozent einen akademischen Abschluß – bei der „Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte“ sind es nur 26 Prozent. Auch die Erwerbstätigenquote lag „bei den Eingewanderten mit 69,2 Prozent deutlich unter dem Wert der Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte, bei der 81 Prozent einer bezahlten Tätigkeit nachgingen“, heißt es im Bericht. Oder anders ausgedrückt: 43 Prozent der Bevölkerung aus dem Nahen und Mittleren Osten und 39 Prozent der aus Afrika lebten von Sozialleistungen oder der Unterstützung durch Angehörige – bei EU-Bürgern waren es nur 21 Prozent.
Niedrige Erwerbsbeteiligung von speziellen Zuwanderergruppen
Ende 2023 waren 3,2 Millionen „Schutzsuchende“ registriert. Fast eine Million stammt aus der Ukraine. „Betrachtet man die Haupterwerbsphase von 25 bis 59 Jahren, so hatten von den seit Jahresbeginn 2022 aus der Ukraine Eingewanderten 47 Prozent einen akademischen Berufsabschluß einer Fachhochschule oder Universität und 27 Prozent einen nicht akademischen Berufsabschluß.“ Dennoch lag deren Erwerbsbeteiligung nur bei 21 Prozent. Das liegt wohl nicht nur an den vielen Müttern mit Kleinkindern – auch nur 30 Prozent der ukrainischen Männer waren erwerbstätig.
René Springer, arbeitspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, konstatierte nach seiner Lektüre des Berichts: Die Migrationsgeschichte der Bundesrepublik sei „weder ein Fachkräfteprojekt noch eine soziale Erfolgsgeschichte“. Die seit einem Jahrzehnt betriebene Massenmigrationspolitik sei ein Verlustgeschäft für Deutschland: „Angesichts der derzeitigen Probleme des Bundeshaushalts, der Unfinanzierbarkeit des Bürgergeldes und der Tatsache, daß etwa die Hälfte der Bürgergeldempfänger Ausländer sind, ist Handlungsbedarf dringend geboten. Grenzen müssen geschlossen, der Sozialstaat auf Inländer konzentriert und Asylleistungen auf ein Minimum reduziert werden.“